Fugen in Untergrundkonstruktionen stellen Boden- und Parkettleger immer wieder vor Herausforderungen und führen häufig zu Irritationen, Unsicherheit und Fehleinschätzungen.
Hierbei ist zu unterscheiden zwischen so genannten Bauwerksfugen bzw. Gebäudetrennfugen, welche sich nicht nur in der mineralischen Estrichkonstruktion, sondern auch in der Untergrundkonstruktion (Beton) und den aufgehenden Bauteilen (z. B. Wänden) befinden, vergleiche hierzu auch Grafik 1.
Grafik 1
In der Praxis führen diese Bauwerksfugen bzw. Gebäudetrennfugen nur selten zu Problemstellungen, da diese zum einen leicht erkennbar sind und aus diesem Grund nahezu immer als solche auch erkannt werden und zum anderen, da diese im Rahmen der Ausführung häufig explizit auch so vorgegeben werden.
Probleme treten bei Bauwerksfugen bzw. Gebäudetrennfugen in aller Regel nicht auf, weil diese unerkannt bleiben, sondern weil die Ausbildung der Fugen über Profile oder Dichtstoffe häufig unterdimensioniert stattfinden und zu Problemen führen. Anders verhält es sich bei so genannten Bewegungsfugen, welche lediglich in der mineralischen Estrichkonstruktion als Bewegungsfuge ausgeführt sind und folgerichtig trotzdem durch den Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten bzw. Parkettarbeiten in den Nutzbelag zu übernehmen sind, siehe hierzu auch Grafik 2.
Grafik 2
Boden-/Parkettleger ist kein Planer
Gerade im Objektgeschäft und bei größeren Bauvorhaben ist in aller Regel vor Ort ein Planer/Architekt tätig. In diesem Fall muss ganz klar ausgesagt werden, dass der Boden- oder Parkettleger kein Planer ist.
Anders stellt sich die Situation sicherlich dar, wenn der Boden-/Parkettleger direkt für den Endverbraucher arbeitet, ein Planer nicht tätig ist und dem Bodenleger bzw. Parkettleger somit die so genannte „Fachbauplanung“ obliegt.
Unabhängig davon kann gerade im Objektgeschäft immer wieder festgestellt werden, dass Bodenleger bzw. Parkettleger dazu neigen, planerische Aufgaben zu übernehmen. Hierbei wird häufig nicht berücksichtigt, dass zum einen gewisse technische Zusammenhänge – so z. B. die Notwendigkeit von Bewegungsfugen – von dem Bodenleger bzw. Parkettleger nicht korrekt beurteilt werden können und zum anderen der Bodenleger bzw. Parkettleger durch diese planerischen Tätigkeiten ein unnötiges Haftungsrisiko übernimmt.
Bereits im Kommentar zur DIN 18353 „Estricharbeiten“ ist diesbezüglich unter Hinweise für das Ausstellen der Leistungsbeschreibung wie folgt aufgeführt:
Anordnung und Ausbildung von Fugen
„Die Anordnung und Angabe zur Ausführung von Fugen, besonders von Bewegungsfugen, ist eindeutig Sache des Planers. Hier hat der Planer die Aufgabe, außer den Besonderheiten des Estrichbindemittels auch den Bodenbelag und eventuell … die thermischen Einflüsse zu berücksichtigen.“
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Bewegungsfugen einzelnen Bauteilen eine Bewegung ermöglichen, sowohl Expansion als auch Kontraktion. Allein diese Aussagen machen deutlich, dass die Erfordernisse der Anordnung einer Bewegungsfuge durch Bodenleger bzw. Parkettleger von Fall zu Fall technisch gar nicht zu beurteilen sind.
Ergänzend heißt es auch im Kommentar zur DIN 18365 „Bodenbelagarbeiten“ unter den Hinweisen für das Aufstellen einer Leistungsbeschreibung wie folgt:
„Die Ausführung und Ausbildung von Bauwerks-, Bewegungs- oder Randfugen aus konstruktiven oder architektonischen Gesichtspunkten müssen vom Planer vorgesehen und in der Ausschreibung berücksichtigt werden. Fugenprofile und deren Einbauarten sind entsprechend der zu erwartenden Belastung auszuschreiben. Die Vorlage eines Fugenplanes ist erforderlich. Vorhandene Bewegungsfugen müssen deckungsgleich im Bodenbelag übernommen werden.“
In Ergänzung wird also im Kommentar zur DIN 18365 „Bodenbelagarbeiten“ darauf hingewiesen, dass durch den Architekten/Planer ein Fugenplan vorgelegt werden muss. Jeder im Fußbodenbau beschäftigte Leser dieses Fachartikels möchte überlegen, wie oft ihm in der Praxis ein Fugenplan tatsächlich vorgelegt wird.
Defizite in der Praxis
Leider sieht die Praxis im Baugewerbe und insbesondere im Fußbodenbau deutlich anders aus, als dies in den Normen und Kommentaren sowie technischen Merkblättern häufig aufgeführt und gewünscht wird. Gerade im Objektgeschäft ist es für den Bodenleger und Parkettleger wichtig, dass ihm ein Fugenplan übergeben wird.
Zum einen, damit notwendige/erforderliche Bewegungsfugen oder auch Bauwerksfugen korrekt und funktionstüchtig/funktionstauglich angelegt werden. Zum anderen ist es dem Bodenleger oder Parkettleger in der Praxis nicht immer möglich, im Estrich angeordnete Fugen als solche zu erkennen und entsprechend zu berücksichtigen.
In der Praxis ist es regelmäßig feststellbar, dass entweder Bewegungsfugen angelegt werden, wo diese nicht erforderlich waren oder umgekehrt, erforderliche Bewegungsfugen durch den Bodenleger bzw. Parkettleger kraftschlüssig verschlossen oder somit außer Kraft gesetzt wurden.
Vorsicht bei „unklaren“ Fugen im Estrich
Hierbei ist in der Praxis häufig festzustellen, dass Bodenleger oder Parkettleger Fugen im Estrich vorfinden und eigenständig entscheiden, wie mit diesen zu verfahren ist.
Stopp!
Es ist nicht Aufgabe eines Bodenlegers oder Parkettlegers, zu entscheiden, wie mit einer Fuge zu verfahren ist, welche im entsprechenden Projekt oder Bauvorhaben nicht eindeutig zuzuordnen ist. Der ausführende Handwerksbetrieb darf sich nicht davor scheuen, seine vermeintliche „Unwissenheit“ ggf. auch beim Bauherrn oder verantwortlichen Bauleiter/Planer/Architekten vorzutragen.
Das Bild 1 zeigt eine durch den Estrichleger unter Verwendung eines Polystyrolstreifens abgestellte Fuge in einer Zementestrichkonstruktion.
Bild 1
Letztendlich ist es dem Bodenleger oder Parkettleger nicht möglich, diese abgestellte Fuge dahingehend zu beurteilen, ob in diesem Flächenbereich tatsächlich eine Bewegungsfuge erforderlich ist, oder ob es sich um eine nicht sachgerecht ausgeführte „Scheinfuge“ handelt, welche ggf. später kraftschlüssig zu verschließen ist.
Wie das Bild 1 zeigt, hat sich der Bodenleger dann entschieden, die Fuge einfach zu überspachteln, um mit den Bodenbelagarbeiten voranzukommen. Dies ist in jedem Fall die falsche Art der Ausführung und wird später zu Problemstellungen im Nutzbelag führen. Das Bild 2 zeigt dann die Ausführung einer Fuge im Estrich im Übergangsbereich zwischen Büroräumen und Fluren/Korridoren.
Bild 2
Hier wurde durch den Auftragnehmer Estricharbeiten nach Fugenplan eine angabegemäß „Schallschutzfuge“ im Bereich der Türübergänge angeordnet. Unabhängig der falschen Art der Ausführung war es Aufgabe des Auftragnehmers Bodenbelagarbeiten, diese Fugen als so genannte „Schallschutzfugen“ zu übernehmen.
Durch den nachträglichen Aufbau der Trockenbauwände ist es jedoch im Rahmen der Innenausbauarbeiten nicht gelungen, die Türübergänge und Trockenbauwände so anzuordnen, dass sich die Fuge im Bereich der jeweiligen Türblätter befindet.
Folgerichtig war eine korrekte Ausbildung der Fuge durch den Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten von vornherein nicht mehr möglich. In dem zur Rede stehenden Bauvorhaben wurde die Sache durch den Architekten dann auf dem „kurzen Dienstweg“ in der Art abgehandelt, dass dem Bodenleger mitgeteilt wurde: „Sieh mal, dass du das irgendwie hinbekommst!“
Missachtung von Bewegungsfugen – Folgen für den Nutzbelag?
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Folgen die Missachtung von Bewegungsfugen für den späteren Nutzbelag haben kann.
Die Praxis zeigt immer wieder, dass an diese Aufgabenstellung durch Bodenleger und Parkettleger etwas „blauäugig“ herangegangen wird. Insbesondere werden unterschiedliche Nutzbeläge immer wieder dahingehend überschätzt, dass sie Fehlstellen und technische Fehlfunktionen einer Fußbodenkonstruktion in einem ausreichenden Maße „kaschieren“ können.
Im Nachfolgenden seien einige Beispiele hierfür aufgeführt:
Die Bilder 3 und 4 zeigen beispielhaft Faltenbildungen in einem textilen Bodenbelag, von welchem allgemein angenommen wurde, dass er Unregelmäßigkeiten im Untergrund in einem ausreichenden Maße kaschiert.
Bild 3
Bild 4
Eine nähere Überprüfung der Sachverhalte hat gezeigt, dass im Bereich der Faltenbildungen der textile Bodenbelag fugenlos über eine vorhandene – in diesem Fall sogar Bauwerksfuge, welche sich im Beton fortsetzt – verlegt wurde, siehe nachfolgendes Bild 5.
Bild 5
In diesem speziellen Fall hat also keine Expansion (Dehnung), sondern eine Kontraktion (Stauchung) stattgefunden, welche letztendlich zu der Faltenbildung und Aufwölbung im textilen Bodenbelag geführt hat. Die Bilder 6 und 7 zeigen dann das Beispiel einer nicht korrekt berücksichtigten Bewegungsfuge im Rahmen der Ausführung eines mineralischen Spachtelbelages.
Bild 6
Bild 7
Wie die Bilder 6 und 7 zeigen, wurden zwar innerhalb der Nutzbeläge (mineralischer Spachtelbelag bzw. mineralischer Spachtelbelag zu Nadelvlies) Bewegungsfugen angelegt, diese wurden jedoch nicht deckungsgleich zur Bewegungsfuge im Untergrund/Estrich angeordnet.
Folgerichtig hat sich parallel zu der Bewegungsfuge im Nutzbelag deckungsgleich zur versetzt vorliegenden Fuge im Untergrund ein Riss gebildet. Das Bild 8 zeigt beispielhaft in einem Flur-/Korridorbereich innerhalb einer Kautschukbodenbelagebene eine „wurmartige Verformung“ in einem Flächenbereich, wo allein vom Grundriss her schon eine Fuge zu erwarten wäre.
Bild 8
Auch hier haben weitere Überprüfungen gezeigt, dass sich deckungsgleich zu der „wurmartigen“ Verformung des Kautschukbodenbelages im Untergrund eine nicht berücksichtigte Bewegungsfuge – in diesem Fall sogar mit Höhenversatz – befindet, siehe Bilder 9 und 10.
Bild 9
Bild 10
Für die Praxis kann also ausgesagt werden, dass nicht berücksichtigte oder nicht funktionstauglich übernommene Bewegungsfugen in aller Regel zu zumindest optischen Problemstellungen im Nutzbelag führen.
Die Beispiele für diese Beeinträchtigungen des Nutzbelages könnten noch umfangreich fortgeführt werden. Die Bilder 11 bis 15 zeigen in chronologischer Reihenfolge die Beeinträchtigungen von unterschiedlichen Nutzbelägen durch die Nichtberücksichtigung einer Bewegungsfuge im Untergrund an einem keramischen Fliesenbelag, einem Parkettboden, einem Designbelag, einem Linoleumbodenbelag und einem CV-Bodenbelag.
Bild 11
Bild 12
Bild 13
Bild 14
Bild 15
Vorsicht ist auch immer dann geboten, wenn unterschiedliche Untergrundkonstruktionen vorhanden sind.
Die abschließenden Bilder 16 und 17 zeigen den Übergang einer Trockenestrichkonstruktion zu einem Massivholzdielenboden auf Balkenlage.
Bild 16
Bild 17
In diesem speziellen Fall wurden die Trockenestrichelemente auf Schüttung unter Verwendung eines Randdämmstreifens an die vorhandene Massivholzdielenebene auf Holzbalkenkonstruktion angearbeitet. Durch den Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten wurden diese Übergangsbereiche einfach zementär überspachtelt, da ja ein vergleichsweise dicker Teppichboden (Shag) verlegt wurde.
Leider waren die späteren Höhendifferenzen und Unebenheiten zwischen den unterschiedlichen Untergrundkonstruktionen auch durch den dicken Teppichboden beim Begehen deutlich spürbar und gegenläufige Bewegungen feststellbar.
FAZIT
Bewegungsfugen im Untergrund ermöglichen einzelnen Bauteilen eine Bewegung, sowohl Expansion als auch Kontraktion.
„Die materialbedingten Bewegungen sind durch Bewegungsfugen abzuarbeiten, ebenso die thermischen oder hygrischen Bewegungen.“
So steht es im Kommentar zur DIN 18353 „Estricharbeiten“ unter Ausführung. Sowohl im Kommentar zur DIN 18353 „Estricharbeiten“ als auch im Kommentar zur DIN 18365 „Bodenbelagarbeiten“ wird darauf hingewiesen, dass die Planung, von z. B. Bewegungsfugen, Aufgabe des Planers ist und vor Ort ein entsprechender Fugenplan zu übergeben ist.
Es dürfte vielen Lesern bekannt sein, dass sich dies in der Praxis häufig anders darstellt. Der Verfasser wollte mit diesem Fachartikel nochmals deutlich darauf hinweisen, dass eine Missachtung von Bewegungsfugen und eine unkorrekte Ausführung häufig zu Problemstellungen im nachfolgenden Nutzbelag/Bodenbelag führen kann.
Hierbei muss es sich nicht immer nur um optische Beeinträchtigungen handeln, häufig sind technische Schäden an den Nutzbelägen festzustellen, welche auch die Nutzungs- und Gebrauchstüchtigkeit auf Dauer gesehen in Frage stellen. Dem Bodenleger bzw. Parkettleger kann nur empfohlen werden, in der Praxis nicht unnötigerweise planerische Aufgaben zu übernehmen.
Gerade wenn ein Architekt/Planer vor Ort tätig ist, dann sollte hier ein Fugenplan eingefordert werden. Unabhängig des Fugenplans sollte ein Bodenleger bzw. Parkettleger nicht die Verantwortung dafür übernehmen, welche Art und Weise der Ausführung für eine im Untergrund vorhandene Fuge erforderlich ist.
Diese Vorgaben sollten immer vom Planer/Architekten oder ggf. über den Bauherrn/Auftraggeber eingeholt werden. Zum einen kann ein Bodenleger oder Parkettleger nicht zwangsläufig über die technischen Kenntnisse hinsichtlich der Notwendigkeit von Feldgrößen, Ausdehnungskoeffizienten unterschiedlicher Materialien und der technischen Notwendigkeit von Bewegungsfugen verfügen.
Zum anderen sollte sich ein Bodenleger oder Parkettleger davor in Acht nehmen, haftungstechnische Verantwortlichkeiten für solche technischen Ausführungen zu übernehmen. Im Zweifel sind also Informationen über Fugen im Untergrund einzuholen, wenn nicht klar ist, wie mit diesen umzugehen ist.
Falsch angeordnete oder ausgeführte Fugen im Untergrund/Estrich müssen von Fall zu Fall zu einer Bedenkenanmeldung und Baubehinderungsanzeige des Auftragnehmers Bodenbelagarbeiten bzw. Parkettarbeiten führen. Der Glaube, dass je nach Nutzbelag/Bodenbelag auf die Berücksichtigung einer Bewegungsfuge verzichtet werden kann, wird in der Praxis nahezu täglich widerlegt.