Nadelvlies-Bodenbeläge sind robuste Bodenbelägen welche insbesondere im Büro/Office-Bereich gerne eingesetzt werden und sich aufgrund ihrer Robustheit auch entsprechend bewährt haben.

Unabhängig davon treten von Fall zu Fall immer wieder Fugenöffnungen zwischen Nadelvlies-Bodenbelagbahnen in der Praxis auf, welche dann zu Irritationen oder gar Streitigkeiten führten.

Es darf bereits vorweggenommen werden, dass die Fugenöffnungen zwischen Nadelvlies- Bodenbelagbahnen nicht allein in den Verantwortungsbereich des Auftragnehmers Bodenbelagarbeiten fallen.

Vielmehr sind die Ursachen für Fugenbildungen/-öffnungen deutlich vielschichtiger.

Spezifikation

Es ist wohl unstrittig, dass Endverbraucher deutlich sichtbare Fugen zwischen einzelnen Nadelvlies-Bodenbelagbahnen nicht wünschen und insbesondere nicht erwarten, wenn vorher diesbezüglich keine technische Aufklärung erfolgt.

Normen und Spezifikationen helfen sicherlich dem Hersteller, ein den technisch zugesicherten Eigenschaften entsprechendes Produkt zu produzieren und zu liefern.

Sie helfen ggf. auch Sachverständigen bei der Beurteilung und Bewertung von Beeinträchtigungen.

Im Rahmen der Beanstandungsbearbeitung zwischen Endkunden und Verarbeiter sind Normen/Spezifikationen jedoch selten hilfreich, da die Anforderungen und Werkstoffprüfnormen in aller Regel nicht sachlich richtig verstanden werden.

Trotzdem sollten auch einem Verarbeiter bzw. Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten die Normen und Spezifikationen für die Bodenbelagarten, welche in seinem Unternehmen verlegt werden bzw. zum Einsatz kommen, bekannt sein.

Für Nadelvlies-Bodenbeläge war dies früher die DIN EN 1470 „Textile Bodenbelägen – Einstufung von Nadelvlies-Bodenbelägen, ausgenommen Polvliesbeläge“.

Heute werden auch Nadelvlies-Bodenbeläge in der DIN EN 1307 „Textile Bodenbeläge – Einstufung“ berücksichtigt.

Es existiert also mit der DIN EN 1470 keine separate Norm mehr für Nadelvlies-Bodenbeläge, genau so wenig wie mit der DIN EN 1307 eine separate Norm für Polteppichböden.

Vielmehr wurden die textilen Bodenbeläge und somit auch Polteppichböden und Nadelvlies-Bodenbeläge einheitlich in der DIN EN 1307 „Textile Bodenbeläge – Einstufung“ aufgenommen und spezifiziert.

Praxisbeispiel

In einem Bürogebäude wurden durch den Auftragnehmer Bodenbelagarbeiten nach entsprechenden Untergrundvorbereitungsmaßnahmen Nadelvlies-Bodenbeläge vollflächig geklebt.

Zu diesem Zweck wurden die Untergründe zunächst unter Verwendung einer auf Calciumsulfat basierenden Spachtelmasse vollflächig gespachtelt.

Anschließend wurden die anthrazitfarbenen Nadelvlies-Bodenbeläge vollflächig geklebt verlegt.

Nach Fertigstellung der Bodenbelagebenen wurden diese zunächst abgedeckt (geschützt), wie dies im Objektgeschäft durchaus üblich ist.

Nach einigen Wochen wurden dann die Abdeckmaterialien wieder entfernt.

Nach dem Entfernen der Abdeckmaterialien war die Verwunderung groß, denn die Nadelvlies-Bodenbelagebenen zeigten zwischen den einzelnen Bodenbelagbahnen zum Teil deutlich sichtbare Fugenöffnungen.

Zunächst einmal war feststellbar, dass sich die Calciumsulfat gebundenen Untergründe (heller Untergrund) zwischen den anthrazitfarbenen Bodenbelagbahnen (dunkler Bodenbelag) überproportional deutlich zeigten und abzeichneten, wie Fotos 1 und 2 zeigen.

Foto 1

 

 

Foto 2

Die Fugenbreiten zwischen den einzelnen Bodenbelagbahnen waren mit bis zu ca. 2,0 mm feststellbar, wie Foto 3 zeigt.

Foto 3

 

Ein „schwärzen“ des hellen Untergrundes mag zwar nicht sach- und fachgerecht erscheinen, ist jedoch ein wirksames Mittel, um die Sichtbarkeit der Fugen durch den hellen Untergrund deutlich zu minimieren, wie Fotos 4 und 5 zeigen.

 

 

Foto 4

 

 

Foto 5

 

Letztendlich waren insbesondere in den Nahtkantenbereichen auch handwerkliche Fehlklebungen des Bodenbelages feststellbar, siehe Fotos 6 und 7.

 

 

Foto 6

Foto 7

 

Die raumklimatischen Bedingungen wurden mit 20 °C und 32,6 % relativer Luftfeuchtigkeit gemessen und festgestellt, wobei angabegemäß auch relative Luftfeuchtigkeiten von 28 % offensichtlich über einen längeren Zeitraum vorlagen, siehe Foto 8.

Foto 8

 

Ursachen für Fugenöffnungen

Für Fugenöffnungen zwischen Nadelvlies-Bodenbelagbahnen kommen unterschiedliche und vielschichtige Ursachen in Frage.

Nach Einschätzung des Verfassers haben folgende Faktoren einen Einfluss auf Fugenbildungen zwischen Nadelvlies-Bodenbelagbahnen, wobei die hier aufgeführten Beispiele keinen Anspruch auf Vollständigkeit stellen:

♦        Auswahl des Bodenbelages hinsichtlich Konstruktion (einschichtig oder mehrschichtig) und Materialzusammensetzung (Polyamid reagiert auf Luftfeuchtigkeit),

♦        Beachtung der raumklimatischen Bedingungen im Rahmen der Verlegung des Bodenbelages,

♦        Aufklärung (nachweislich) des Endverbrauchers/Nutzers über das Raumklima auch im Rahmen der späteren Nutzung,

♦        Beachtung der Verlegeanleitung der Hersteller,

♦        Beachtung der Materialfeuchte des Bodenbelages einhergehend mit dem Akklimatisieren der Ware vor der Verlegung,

♦        Beachtung der jeweiligen Klebstoffempfehlung und Einsatz eines geeigneten Klebstoffs,

♦        sach- und fachgerechte Untergrundvorbereitung und insbesondere Herstellung einer ausreichend dicken und gleichmäßig saugenden Spachtelmassenschicht,

♦        Vorsicht bei direkter Sonneneinstrahlung!

 

Diese Beispiele zeigen, dass die Ursachen für Fugenbildungen innerhalb von Nadelvlies-Bodenbelagbahnen vielschichtig sein können.

Häufig ist in der Praxis zu beobachten, dass mehrere dieser möglichen Schadensursachen vor Ort zutreffen und erst in der Addition das auffällige Fugenbild verursacht haben.

Bewertung des Fugenbildes

Regelmäßig kommt es vor, dass im iff-Institut für Fußbodenbau Anrufe eingehen, in denen gefragt wird, wie breit Fugen innerhalb von Bodenbelägen und somit auch innerhalb von Nadelvlies-Bodenbelagbahnen sein dürfen.

Es muss an dieser Stelle nochmals deutlich darauf hingewiesen werden, dass es normative Vorgaben für Fugenbreiten nicht gibt.

Eine Spezifikation wird sich im Rahmen von Werkstoffprüfnormen nicht mit dem Zustand des später verlegten Bodenbelages befassen und folgerichtig auch keine Fugenöffnungen vorgeben.

Allerdings machen aktuelle Normen für Bodenbeläge und somit auch speziell für Nadelvlies-Bodenbeläge deutlich, dass im Rahmen der Maßbeständigkeit Anforderungen an den Schrumpf von maximal < 1,2 % in jede Richtung bestehen.

Werkstoffprüfnormen geben definierte klimatische Bedingungen vor, unter denen die Prüfmaßnahmen stattfinden, welche jedoch nicht zwangsläufig mit der Praxis übereinstimmen müssen.

Die Werte in Werkstoffprüfnormen geben jedoch deutliche Hinweise darauf, dass mit Maßänderungen und somit auch mit einem Schrumpf des Bodenbelages zu rechnen ist.

Gerade bei Nadelvlies-Bodenbelägen aus Polyamidfasern oder mit einer Nutzschicht aus Polyamidfasern ist zu berücksichtigen, dass Polyamid selbst auf die raumklimatischen Bedingungen reagiert und somit bei hohen Luftfeuchtigkeiten auffeuchtet/quillt bzw. bei niedrigen Luftfeuchtigkeiten rücktrocknet bzw. schwindet.

Wird ein Nadelvlies-Bodenbelag also bei 75-80 % relativer Luftfeuchtigkeit verlegt, so muss sich in den späteren Wintermonaten und beheizten Räumen bei Luftfeuchtigkeiten um 30 % niemand wundern, dass eine Rücktrocknung und somit ein Schrumpf des Bodenbelages stattfindet.

Wenn auch keine normativen Vorgaben und Spezifikationen für das Fugenbild von Nadelvlies-Bodenbelagebenen bestehen, so ist doch Anfang des Jahres ein Hinweisblatt des Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF) mit dem Titel „Bewertung des Nahtbildes von verlegten Nadelvlies-Bodenbelägen“ veröffentlicht worden.

Es ist zunächst einmal darauf hinzuweisen, dass neben dem ZVPF an dem Hinweisblatt auch der Bundesverband Estrich und Belag (BEB) und der Zentralverband Raum und Ausstattung (ZVR) sowie die Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB), der Bundesverband der vereidigten Sachverständigen für Raum und Ausstattung (BSR) und der Bundesverband Farbe Gestaltung und Bautenschutz mitgewirkt haben.

Insofern kann zunächst einmal ausgesagt werden, dass dieses Hinweisblatt offensichtlich breite Zustimmung gefunden hat.

Es sollte jedoch auch jedem Verarbeiter und Verbraucher klar sein, dass Hinweisblätter keinen gesetzgebenden Charakter haben.

Das Hinweisblatt richtet sich insbesondere an Verarbeiter und Nutzer, um ihnen Hinweise zur Bewertung des Nahtbildes zu geben.

Gleichzeitig – so steht es im Anwendungsbereich – liefert es Grenzwerte für Fugenbreiten und erläutert, wann ggf. ein Sachverständiger zur Beurteilung herangezogen werden sollte.

Weitergehend sind auch in dem Hinweisblatt die Einflussfaktoren auf z.B. Fugenbildungen von Nadelvlies-Bodenbelägen aufgeführt.

Bezogen auf die Bewertung von Fugenöffnungen ist unter Anwendungsbereich folgendes nachzulesen:

♦        Auftraggeber von Nadelvlies-Bodenbelagarbeiten erwartet die Herstellung einer Fläche ohne störende und wahrzunehmende Fugen. Nahtfugen von bis zu 0,2 mm sind – selbst bei größter Sorgfalt – handwerklich bedingt nicht auszuschließen und bei üblicher Beleuchtung und üblichen Lichteinfall unauffällig. Sie sind daher als handwerkliche Leistung zu akzeptieren.

♦        Nahtfugen zwischen 0,2 mm und 1,0 mm bedürfen einer gutachterlichen Bewertung, in wie weit sie entsprechend der nachfolgend aufgeführten Materialeigenschaften und Einflussfaktoren außerhalb des Einflusses des Auftragnehmers entstanden sind und somit vom Auftraggeber zu akzeptieren wären.

♦        Nahtfugen über 1,0 mm sind grundsätzlich als nicht fachgerecht zu bewerten.

Hinweis des Verfassers

Gerade bei Nadelvlies-Bodenbelägen mit einer Nutzschicht aus Polyamidfasern hat der Verfasser in der Praxis häufig Fugen > 1,0 mm vorgefunden.

Hierbei waren nicht immer handwerkliche Fehlleistungen des Verarbeiters feststellbar oder offensichtlich.

Insofern sieht der Verfasser den letzten Satz „Nahtfugen über 1,0 mm sind grundsätzlich als nicht fachgerecht zu bewerten“ höchst kritisch.

„Nicht fachgerecht“ klingt wie „schlecht verlegt“.

Dies muss jedoch nicht immer tatsächlich der Fall sein.

Aus den zuvor genannten Gründen muss das Hinweisblatt als Information und Arbeitshilfe angesehen werden.

Eine finale und korrekte Beurteilung und Bewertung obliegt jedoch dem jeweils beauftragten Sachverständigen, nicht zuletzt, da auch Art der Nutzung der Räumlichkeiten, vor Ort vorherrschende Lichtverhältnisse, Farbe/Design des Bodenbelages und viele weitere Sachverhalte einen Einfluss auf die Gesamtbeurteilung haben.

Fazit/Zusammenfassung

Fugenöffnungen zwischen Nadelvlies-Bodenbelagbahnen sind nicht immer sicher zu vermeiden.

Es gibt vielschichtige Einflussfaktoren, welche einen Einfluss auf das Nahtbild der Nadelvlies-Bodenbelagebenen haben.

Unterschiedliche Einflussfaktoren, wie in diesem Artikel aufgezählt, aber auch im Hinweisblatt des ZVPF benannt, sind im Rahmen der Verarbeitung zu beachten.

Unabhängig davon können Materialzusammensetzung und Konstruktion des Bodenbelages einhergehend mit den raumklimatischen Bedingungen auch außerhalb des Einflussbereiches des Verarbeiters Fugenöffnungen zwischen Nadelvliesbodenbelagbahnen verursachen.

Dem Verarbeiter muss unbedingt empfohlen werden, ggf. die Farbe des Untergrundes (Spachtelarbeiten) auf die Farbe des Bodenbelages abzustimmen.

Helle, Calciumsulfat gebundene Spachtelmassen sind bei anthrazitfarbenen Bodenbelägen zweifelsohne gut sichtbar.

Weitergehend muss dem Verarbeiter auch empfohlen werden, dass er – wie dies bei Parkettböden eigentlich üblich ist – auch bei Nadelvlies-Bodenbelägen eine Reinigungs- und Pflegeanleitung rechtzeitig und nachweislich übergibt, welche entsprechende Hinweise auf das im Rahmen der Nutzung einzuhaltendes Raumklima beinhalten.

„Last but not least“ kann durch den Verfasser nur empfohlen werden, sich nicht immer auf genaue Toleranzen und Zahlenwerte festzulegen.

Warum die Grenze der Toleranz für Fugenöffnungen zwischen Nadelvlies-Bodenbelagbahnen gerade bei 1,0 mm liegen soll, ist dem Verfasser nicht klar und wird letztendlich in keinen technischen Informationen genau beschrieben.